Das Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB)

 

Vermächtnis und Unterschied zur Erbeinsetzung

Mit einem Vermächtnis kann der Erblasser jemanden, den er nicht als Erbe einsetzen möchte, einen Vermögensvorteil von Todes wegen zukommen lassen. Der Bedachte (Vermächtnisnehmer) erwirbt mit dem Erbfall einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Beschwerten auf Einräumung des zugewendeten Vermögensvorteils. Der Erbe tritt dagegen in alle Rechtsbeziehungen des Erblassers ein (wird z. B. Eigentümer seines Hauses, muss aber auch die Leasingraten für den PKW des verstorbeben weiterzahlen).

 

Das Vermächtnis kann auf einer Verfügung von Todes wegen, die der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag getroffen hat, oder auch auf einer gesetzlichen Anordnung (sog. Voraus, § 1932 BGB oder sog. Dreizigster, § 1969 BGB) beruhen. Der Erblasser kann nicht jeden Beliebigen mit einem Vermächtnis beschweren, sondern nur jemanden, der von Todes wegen etwas aus seinem Vermögen erhält. Möchte er seinen Erben mit einem Vermächtnis beschweren, ist es unerheblich, ob die Berufung zum Erben auf Gesetz oder Verfügung von Todes wegen beruht.

 

Wem kann der Erblasser ein Vermächtnis aussetzen?

Mit dem Vermächtnis kann jede natürliche oder juristische Person bedacht werden.

 

Regelmäßig bestimmt der Erblasser den Vermächtnisnehmer selbst. In Ausnahmefällen kann der Erblasser es auch einem anderen überlassen, aus einem vom Erblasser näher bezeichneten Personenkreis denjenigen zu bestimmen, der Vermächtnisnehmer werden soll. Die Möglichkeit, dass ein anderer als der Erblasser die Vermächtnisnehmer aus dem vom Erblasser festgelegten Personenkreis auswählen kann, ist in der Praxis aufgrund der engen Auslegung des  § 2065 II BGB durch den BGH bei der Erbeinsetzung beim sog. vorzeitigen Unternehmertestament von besonderer Bedeutung. Die Einzelfragen hierzu sind komplex, wir beraten Sie gern.

Der Erblasser kann auch mehrere Personen mit demselben Vermächtnis bedenken (gemeinschaftliches Vermächtnis).

 

Meistens bedenkt der Erblasser jemanden, der nicht selbst Erbe ist, mit einem Vermächtnis. Es ist aber auch möglich, einem Erben zusätzlich zu dessen Erbteil ein Vermächtnis zuzuwenden (Vorausvermächtnis). Er kann auch bestimmen, dass der vermachte Gegenstand erst nach einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis vom Erben an den Vermächtnisnehmer zugewendet werden soll (Nachvermächtnis).

 

Was kann der Erblasser vermachen?

Im Rahmen eines Vermächtnisses kann man nicht nur einen bestimmten zum Nachlass gehörenden Gegenstand, ein Recht oder eine Forderung einem Dritten vermachen (sog. Stückvermächtnis), sondern der Erblasser kann auch bestimmen, dass sich der Bedachte von mehreren Gegenständen einen aussuchen kann (sog. Wahlvermächtnis). Seltener wird der Erblasser bestimmen, dass dem Bedachten zu einem bestimmten Zweck beispielsweise Geldmittel zur Verfügung gestellt werden sollen (sog. Zweckvermächtnis). Ebenfalls möglich ist die Bestimmung, dass der Beschwerte verpflichtet sein soll, einen bestimmten Gegenstand dem Bedachten zu verschaffen. Von der Rechtsprechung wird letzteres in Ausnahmefällen auch dann angenommen, wenn der Erblasser einen Gegenstand zuwenden will, und fälschlicherweise annimmt, dass dieser Gegenstand zu seinem Vermögen gehört.

 

Wann kann man das Vermächtnis einfordern?

Das Vermächtnis fällt dem Bedachten regelmäßig mit dem Erbfall an. Das bedeutet auch, dass der Anspruch auf das Vermächtnis unabhängig von Ausschlagung oder Annahme der Erbschaft durch den Erben ist. Der Erblasser hat es allerdings in der Hand, den Anfall des Vermächtnisses auf einen späteren Zeitpunkt als den Erbfall hinauszuschieben.

 

Vom Anfall des Vermächtnisses ist dessen Fälligkeit zu unterscheiden: Der Erblasser kann anordnen, dass der mit seinem Tod entstehende Vermächtnisanspruch erst später von dem Beschwerten erfüllt werden muss (sog. betagtes Vermächtnis). Im Einzelfall ist es oft schwierig zu ermitteln, wie der Verstorbene sich die Erfüllung seines Vermächtnisses tatsächlich vorgestellt hat, zumal sich dazu unterschiedliche rechtliche Konsequenzen für den Beschwerten und den Vermächtnisnehmer ergeben. Hierzu sollten Sie sich individuell beraten lassen.

 

Haftung des Verpflichteten für die Erfüllung des Vermächtnisses

Die Verpflichtung eines Alleinerben, das Vermächtnis zu erfüllen, ist eine Nachlassverbindlichkeit. Das bedeutet, dass der Erbe grundsätzlich auch mit seinem eigenen Vermögen für das Vermächtnis haftet. Insbesondere, wenn abzusehen ist, dass das Vermögen des Erblassers zur Erfüllung des Vermächtnisses nicht ausreicht, sollte man anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um die bestehenden Möglichkeiten zur Beschränkung der sog. Erbenhaftung prüfen zu lassen. Zusätzlich kann der Erbe die Erfüllung eines Vermächtnisses auch durch Erhebung der Einrede des § 1992 BGB insoweit verweigern, als der Nachlass zur Erfüllung des Vermächtnisses nicht ausreicht.

 

Wir beraten Erbe und Vermächtnisnehmer zu allen Fragen rund um den Vermächtnisanspruch.

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