Die Vor- und Nacherbfolge (§§ 2100 ff. BGB)

 

1.

Vorerbe und Nacherbe werden zeitlich nacheinander Erben des Erblassers. Nacherbe ist also eine Person, die erst dann Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe war. Vorerbe ist derjenige, der zeitlich vor dem Nacherben Erbe des Verstorbenen geworden ist. Vor- und Nacherbe sind jeweils vollumfänglich Erben des Erblassers, aber eben zeitlich nacheinander. Die Vor- und Nacherbschaft unterscheidet sich von der Erbengemeinschaft, dass die Miterben gleichzeitig und nebeneinander Erben des Erblassers sind, Vor- und Nacherbe eben nacheinander.

Durch Vor- und Nacherbfolge kann man auf längere Zeit bestimmen, wem Vermögen zugewendet werden soll, also auch nach dem Tod des Vorerben. Die Vor- und Nacherbschaft ist damit ein Instrument, der Familie des Erblassers Vermögen zu erhalten.

 

2.

Nur durch eine Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) kann eine Nacherbschaft angeordnet werden. Häufig muss der Wortlaut insbesondere eines eigenhändig geschriebenen Testaments dahingehend ausgelegt werden, ob und in welchem Umfang der Erblasser möglicherweise eine Vor- und Nacherbschaft wollte. Hierzu hat der Gesetzgeber in den §§ 2101 ff. BGB für häufig vorkommende Unklarheiten in letztwilligen Verfügungen Auslegungsregeln bestimmt.

Wann die Nacherbfolge eintreten soll, kann der Erblasser in seinem Testament oder dem Erbvertrag bestimmen. Damit ist die Nacherbfolge nicht mehr unbedingt vom Tod des Vorerben abhängig. Allerdings ist die Anordnung der Nacherbfolge zeitlich begrenzt und wird mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Erbfall unwirksam. Damit soll verhindert werden, dass das Vermögen des Erblassers zu Lasten des Vorerben allzu lange zeitlich gebunden ist.

 

3.

Der Nacherbe erhält die Erbschaft erst mit dem vom Erblasser bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis. Allerdings hat er bereits mit dem Tod des Erblassers eine gesicherte Rechtsposition und eine Reihe von Befugnissen gegenüber dem Vorerben. Unter Umständen kann diese Rechtsposition (sog. Anwartschaftsrecht) auch auf die Erben des Nacherben vererbt werden, wenn das aus dem Willen des Erblassers zu entnehmen ist. Der Nacherbe kann auf seine Rechtsposition verzichten oder aber die Nacherbschaft nach Eintritt des Erbfalls ausschlagen. Die damit verbundenen Fragen, ob z. B. ein anderer an seine Stelle tritt, Miterben von dem Wegfall des Nacherben profitieren oder die Erbschaft dem Vorerben verbleibt, muss im Einzelfall aus den Bestimmungen des Erblassers ermittelt werden.

 

4.

Der Vorerbe wird mit dem Erbfall vollumfänglich Inhaber des Nachlasses. Allerdings unterliegt er einigen Beschränkungen, damit er die Erbschaft nicht zum Nachteil des Nacherben schmälern kann. Er kann zwar grundsätzlich nach dem Erbfall und vor dem Nacherbfall über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände und Rechte verfügen, das gilt aber nur eingeschränkt im Hinblick auf Grundstücke oder Grundstücksrechte, bei unentgeltlichen Verfügungen und bei Erfüllung eines Schenkungsversprechens.

Umgekehrt hat der Nacherbe mit Eintritt nach Nacherbfalls unter Umständen Ansprüche auf Herausgabe oder Ersatz gegenüber dem Vorerben, insbesondere, wenn dieser die Vorerbschaft nicht ordnungsgemäß verwaltet hat oder ohne sog. lebzeitiges Eigeninteresse schmälerte.

 

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